Montag, 21. April 2008
Gutes braucht seine Zeit...
Als erstes entschuldige ich mich für dieses etwas verspätete Update. Man glaubt es kaum, aber ich hatte die letzte Woche einfach viel zu viel tun. Und wenn ich einmal loslege, aufzuschreiben, was hier so los ist, kann ich eh nicht mehr aufhören. Und so nehme ich mir den Sonntagmorgen Zeit in aller Ruhe alle Erlebnisse der letzten 10 Tage aufzuschreiben. Somit fällt dieser Blog-Eintrag auch ein bisschen länger aus. Das letzte Wochenende war mein viertes Wochenende in Indien. Es ist echt Wahnsinn, ich bin jetzt schon mehr als ein Monat hier und es kommt mir wirklich vor wie eine Woche. Das letzte Wochenende war mal wieder sehr schön. Da tut es auch nicht weh, dieses Wochenende in Baroda zu bleiben. Vorletzter Freitag war eigentlich geplant nach Jaisalmer aufzubrechen um dort dann eine Kamelsafari zu machen und in der Wüste zu schlafen. Jaisalmer liegt im Norden von Indien und ist schon jetzt noch heißer als bei uns in Baroda. Das soll heißen, dass es heißer als 40 Grad ist. Denn das ist bei uns in den letzten Tagen, die Durchschnittstemperatur gewesen. Ich sitze gerade auf unserem Balkon und heute weht zum Glück endlich mal ein Wind, der abkühlt. Somit halte ich es draußen länger als 10 Minuten aus und bin nicht total durchgeschwitzt. Aber wieder zurück zu Jaisalmer. Leider musste dann dieser Plan kurzfristig gecancelt werden, da die Bustickets für Jaisalmer schon ausverkauft waren. So haben wir am Donnerstagabend spontan entschlossen, nach Udaipur zu gehen. Die Stadt liegt ca. 6 Stunden mit dem Auto entfernt, liegt im Bundesstaat Rajasthan und wird das Venedig des Ostens genannt und soll eine von Indien verführerischste Städte sein. (siehe: Lonely Planet 2008). Die Amis haben es in einer Umfrage unter Travellern sogar auf Platz 7 der Städte, die man gesehen haben muss, gewählt. Na dann, müssen wir da natürlich auch hin...So haben wir zu sechs einen Fahrer mit großem Jeep gemietet und haben am Freitag ein Hotel mit Swimmingpool gemietet, dass umgerechnet, ca. 7 Euro die Nacht gekostet hat. Wir haben es sogar noch billiger bekommen, als üblich, da wir gesagt haben, dass wir in Indien leben und arbeiten und somit auch nicht soviel Geld haben. Am Freitag Abend ging es dann los. Um 2 Uhr nachts sind wir dann in Udaipur angekommen, nachdem wir eine wirklich holprige Fahrt hinter uns hatten. Also Schlafen ist nicht drin, bei 3 Milliarden Schlaglöchern mitten auf der Autobahn, die ca. so tief sind wie der Indische Ozean. Aber zusammen mit der herrlichen indischen Musik und dem sonst echt gemütlichen Auto war es ne tolle indische Erfahrung :-) Bei unserem wunderschönen, romantischen und herrlich indischen Hotel angekommen, sind wir todmüde ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen ging es zur Erfrischung erst mal in den Swimmingpool. Nach einem leckeren Frühstück und einer Dusche sind wir zum City Palace gelaufen. Der City Palace liegt direkt am See und ist der größte in Rajasthan. Für mich war es mal wieder sehr beeindruckend, diese wahnsinnige Architektur anzuschauen, die ein einziges Kunststück ist. Für meine Mitreisenden war es wohl nur schon wieder ein Palast :-). Man sieht halt wirklich in jeder größeren Stadt einen beeindruckenden Palast. Vom Palast sind wir dann zum Ufer des Sees gelaufen. In der Mitte des Sees Pichola schimmert der wunderschöne Lake Palace. Früher war der Palast der königliche Sommerpalast, heute ist er ein Luxushotel. Wir haben eine Bootstour gemacht, die vom City Palace am Lake Palace vorbei zur Jagandir-Insel ging. Den Lake Palace dürfen Nicht-Gäste nur zum Mittag- oder Abendessen besuchen. Die Jagandir-Insel mit einem ebenfalls beeindruckenden Palast durften wir aber besichtigen. Wir können wirklich froh sein, dass wir gerade in der Nebensaison die ganzen touristischen Plätze abklappern. Es ist wirklich überall wenig los und wunderbar ruhig. Nach der kleinen Bootstour waren wir wieder auf dem Weg zum Hotel. Die Jungs wollten noch ne Runde in den Swimmingpool hüpfen, bevor es zum Abendessen ging. Wir Mädels wollten natürlich ein bisschen in der Stadt shoppen. Auf dem Weg dorthin sind wir einem Elefanten begegnet, der zwei Mahouts auf seinem Rücken trug. Mahouts sind Elefanteführer. Eigentlich wollte Karin nur ein Bild vom Elefanten machen, der wunderschön angemalt war. Dann hat einer der Mahouts sie gefragt, ob wir mit dem Elefanten reiten wollen. Ok, mein Herz hat natürlich ein Sprung gemacht und meine Augen geglitzert. Endlich... Nachdem wir ein bisschen um den Preis verhandelt haben, haben wir uns dann darauf geeinigt, dass wir gemeinsam ne halbe Stunde für jeweils 250 Rupien (4 Euro) auf ihm reiten dürfen. Es war echt erstmal ein Abenteuer auf den Rücken des Elefanten zu kommen. Danach war es wirklich sehr aufregend. Man denkt bei jedem Schritt des Elefanten, dass man runter fällt und wenn man dann noch durch die engen Gassen läuft, die eigentlich gerade breit genug für einen Elefanten sind, aber sich dann noch ein Auto durchzwängen muss, kann das schon alles ganz lustig werden. Nach 20 Minuten kann man dann aber nicht mehr sitzen und man will einfach nur runtersteigen, den Elefanten streicheln und ihm zur Belohnung ein paar Bananen geben. Gesagt, Getan! Unten angekommen, hatten wir zwar das Gefühl keine Beine zu haben, aber es war trotzdem ne tolle Erfahrung. An einem Marktstand haben wir dann ein paar Bananen gekauft und den Elefanten damit gefüttert. Das war echt lustig, wenn der mit seinem Rüssel so wahnsinnig nah kommt und dann deine Hand absabbert. Für mich war das Füttern sogar ein bisschen aufregender als das Reiten selber. Danach haben wir dann einen Weg zurück zum Hotel gesucht, der dann durch total verwinkelte und schmale Gassen ging. Auf dem Weg zurück hat uns dann ein Inder gefragt, wer denn für uns die Verantwortung übernimmt. Der konnte das nit glauben, dass zwei Mädels hier ganz ohne Aufsichtsperson in Indien unterwegs sind. Als er uns dann nicht glauben wollte, haben wir es aufgegeben und sind weitergelaufen. Für unser Abendessen haben wir uns ein Restaurant aus dem Lonely Planet ausgesucht, das genau am See liegt und von dem man den Sonnenuntergang über dem Lake Palace genießen kann. Der Sonnenuntergang war wirklich berauschend. Danach sind wir noch durch die Stadt gelaufen und haben einen Tempel besucht. Ich fand es wunderschön, den Menschen dabei zuzuhören, wie sie Gebete singen und dabei an diesem spirituellen Ort zu sein. Man wird hier nur noch mal krasser angestarrt, weil ich vielleicht als Weiße wirklich nicht dort hin gehöre. Zurück am Hotel sind wir dann totmüde ins Bett gefallen. Am nächsten Morgen sind wir wieder ein paar Runden im Pool geschwommen und dann zu einem 3 km entfernten indischen Dorf gefahren. Das Dorf ist eine Nachbildung eines früheren indischen Dorfs. Eigentlich ein absoluter Anziehungspunkt für Touristen. Aber man wird es nicht glauben, wir waren die einzigen. Somit war es wirklich herrlich ruhig, abgesehen von wunderbarer indischer Musik. War auch endlich mal kein Palast. Wieder zurück in Udaipur sind wir noch mal durch die Stadt gelaufen um noch ein Paar Schuhe als Mitbringsel einzukaufen. Um 19 Uhr sind wir dann wieder mit unserem Fahrer zurück nach Baroda gefahren. Der Fahrer stand uns das ganze Wochenende zu Verfügung und hat pro Person ingesamt 18 euro gekostet. Also es war ein wunderschönes, erholsames Wochenende, das mal wieder schön billig war...
Nach so einem Kurzurlaub will man am Montag gar nicht wieder arbeiten. Am Montagabend hatten wir dann alle zusammen noch ein Erlebnis, dass wir gerne ausgelassen hätten. Wir waren bei befreundeten Praktikanten zuhause eingeladen und sind dann um 1 Uhr nachts alle zusammen auf unseren Rollern heimgefahren. Einer der Holländer hat einen Geschwindigkeitshügel zu spät gesehen, hat dann die Kontrolle über seinen Roller verloren und ist ohne Helm voll auf seine Kopf gefallen. Es war wirklich erschreckend, da er so viel Blut verloren hat und wir ja nicht wussten, was mit ihm los ist. Er war zum Glück bei vollem Bewusstsein. Wir Europäer haben natürlich als erstes zum Handy gegriffen und wollten die Ambulance anrufen. Bis uns dann die ganzen Inder, die sich irgendwann um den Unfallort gesammelt haben, erklärt haben, dass es ungefähr ne Stunde dauert, bis hier ein Notarzt kommt. Es wird klüger sein, eine Rikscha anzuhalten und Stef (der fliegende Holländer:-)) ins Krankenhaus zu fahren. So sind wir mit unseren Rollern der Rikscha ins nahe private Krankenhaus hinterher gefahren. Es ist hat sich dann herausgestellt, dass er ein ziemlich tiefen und langen Schnitt am Kopf, eine Prellung in der Hüfte und ein paar Schürfwunden hat. Wir waren dann alle bis um vier Uhr nachts im Krankenhaus und sind dann abgesehen von einem anderen Holländer heimgefahren. Am nächsten Morgen bin ich dann mit Lieke ins Krankenhaus gefahren, um Stephan abzulösen und sind bis abends um 20 Uhr geblieben. Nach zwei Nächten konnte Stef dann nach Hause. Unser Chef wollte aber dass er bei ihm zuhause übernachtet, der er da ne Klimaanlage hat und seine Frau sich um ihn kümmern kann. Auch wenn der Unfall wirklich schockierend war, war doch der Blick eines indischen Krankenhauses von innen, eine Erfahrung. Eigentlich ist alles ganz steril. Ich denke nur, dass so die Krankenhäuser in Deutschland vor 30 Jahren ausgesehen haben. Die letzte Woche waren wir dann zwei Abende bei unserem Chef eingeladen, damit Stef nicht so alleine ist. Unser Chef ist wirklich der Beste. Er hat Pizza für alle bestellt und so sassen wir mit Mangosaft und der leckeren Pizza auf dem Boden und haben geplaudert.
Im Laufe der Woche hat unser Chef dann noch beschlossen, dass wir doch nicht umziehen müssen, wenn wir nicht wollen. Wir mussten uns jetzt 3 Wochen mit Aisec-Leuten streiten und dann hat unser Chef denen mal gezeigt wo es langgeht und jetzt können wir in unserem „geliebten“ Pyjamas bleiben. Anfang der Woche war ich dann noch bei Post, weil ich zwei Karten wegschicken wollte. Ist natürlich wie vieles in Indien nicht so einfach. Erstmal muss man Glück haben, dass die Post überhaupt auf ist, da die Inder ungefähr alle zwei Tage nen Feiertag haben, was aber nur bedeutet dass die öffentlichen Gebäude geschlossen sind. Wenn man auf normalen Weg eine Brief nach Deutschland schickt, dauert das ungefähr 20 Tage...Also meine Liebe, ich werde euch keine frische indische Spezialität schicken, das ist mir zu heikel.
Am Donnerstag ist dann noch unser Salsakurz zu Ende gegangen. Ich bin ja jetzt schon ein bisschen traurig, da es mir wirklich Spaß gemacht hat und man über jede Bewegung hier glücklich ist. Aber ich habe schon wieder eine neue Möglichkeit der Bewegung gefunden. Diesmal ist es sogar indisch. Gestern hatte ich meine erste Yoga-Stunde. Und es war herrlich. Baroda ist so laut, chaotisch und anstrengend, dass man so glücklich ist an einem Ort zu sein, der absolut ruhig ist und man den Duft von frischem Gras in der Nase hat. Ich wusste gar nicht mehr wie toll eine normale Wiese riechen kann. Nach dieser tollen Erfahrung schließe ich sogar nicht mal mehr aus, dass das hier ein Selbstfindungstrip wird:-)

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