Samstag, 7. Juni 2008
Höllenfahrt, Kamele und Chai
Leider hab ich auf meinem Blog die letzten Wochen eher durch Abwesenheit geglänzt. Aber durch unseren Umzug, die Arbeit ( ja, meine Lieben ich arbeite hier wirklich hart) und das Wetter, dass einfach total müde macht, habe ich erst jetzt Zeit gefunden, meinem Blog zu aktualisieren. Mein Problem ist ja auch immer, dass ich mich nicht kurz halten kann und ich einem Wochenende immer ne ganze DINA 4 Seite widme.
Aber kommen wir mal zum wichtigen Teil der Geschichte: Ich bin in Indien, mir geht es gut und ich schwitze. Mehr müsst ihr eigentlich nicht wissen. Aber der Blog wäre ja nicht mein Blog, wenn dieser Eintrag hier schon zu Ende wäre.
Nachdem wir von unserem Urlaub wieder nach Baroda kamen, kam erst einmal eine stressige Woche auf uns zu. Am Wochenende vom 17.-18. Mai wollten wir uns dann mit einer Kamelsafari nach Jaisalmer belohnen. Am Freitag hatten wir vor, mit einem Fahrer um 8 Uhr die 500 Kilometer in ca. 13 Stunden zurückzulegen. Nachher ist aus 20 Uhr 21.30 Uhr geworden, aus 500 Kilometer sind 800 Kilometer und aus 13 Stunden sind 19 Stunden geworden. Aber alles nach der Reihe. Unser Fahrer kam eineinhalb Stunden zu spät, er wusste den Weg nicht und hat sich deswegen verfahren und deswegen 300 Kilometer umsonst gefahren und hat deswegen 6 Stunden länger gebraucht. Darüber hinaus konnte unser Fahrer kein Wort Englisch sprechen und das hat mich noch wütender gemacht. Ach ja und darüber hinaus ist unser Fahrer schon nach einer Stunde eingeschlafen, weil er den ganzen Tag schon Fahrten gemacht hat und demenstprechend müde war. Somit ist er dann die ersten drei Stunden nie schneller als 50 km/h gefahren, weil er so kaputt war. Nach drei Stunden hat er dann bei einer Raststätte angehalten und hat zu einem Jungen, der ein bisschen Englisch konnte gesagt, dass er jetzt gerne ne Stunde schlafen möchte. Nachdem er für ne Strecke von 1 ½ Stunden 3 Stunden gebraucht hat, waren wir auch dann auch ziemlich sauer, als er gemeint hat, er braucht jetzt ne Stunde Schlaf. Aber wir hatten ja keine andere Wahl. Während der Fahrt hab ich dann eher wenig geschlafen, weil er es mir verboten hat, weil er sonst auch einschläft, wenn wir alle schlafen. Ok, aber wie soll ich ihn wach halten, wenn ich nicht mit ihm reden kann bzw. wenn er mich nicht versteht. Gut ich hätte ihm natürlich ne Geschichte erzählen können, die er dann nicht verstanden hätte. Er hat mir aber dann mit Händen und Füssen erklärt, dass Stef, Karin und ich uns unterhalten sollen und er dann nicht so schnell einschläft. Nachdem er dann irgendwann am nächsten Vormittag fast ein Auto gerammt hat, weil er einen Sekundenschlaf hatte, hatte ich ihn des Öfteren angeschrien hab, was er zum Glück nicht verstanden hat. Ich glaub nämlich nicht, dass er so glücklich gewesen wäre, wenn er „Please, put your fucking ass on the seat“ verstanden hätte. Irgendwann hat das Auto dann noch gesponnen weil es einfach zu heiß war. Um 16.30 Uhr, nach furchbaren 19 Stunden sind wir dann endlich in Jaisalmer angekommen. Schon auf dem Weg war uns klar, dass wir den Fahrer nicht für den Weg zurück nehmen. Ich hatte noch nie so Angst in einem Auto und ich war einfach überglücklich und total übermüdet, als wir angekommen sind. Am Ende könnte ich wirklich nicht mehr schlafen weil ich so Schiss hatte. Unsere Kamelsafari hätte eigentlich um 15.30 angefangen. Aber ich hatte während der ganzen Fahrt des Öfteren, den Besitzer der Reiseagentur, die die Kamelsafaris organisiert angerufen und hatte ihm erklärt, dass es wohl später werden wird. Der Besitzer, der berühmte Mr. Desert, das Gesicht von Jaisalmer, ist ein wirklich sehr netter, älterer Herr mit einem herrlichen Schnurrbart und einem Turban, der er immer sofort aufsetzt, wenn er einen Fotoapparat sieht. Und was noch viel besser ist, er spricht wirklich sehr gutes Englisch. Nach unserer chaotischen Fahrt waren wir dann einfach nur froh, als uns Mr.Desert mit offenen Armen am Auto abholte. Aller Ärger wäre ja fast verflogen, wenn wir unseren Fahrer leichter losgekriegt hätten. Natürlich hat er die Welt nicht verstanden, als er von Mr.Desert erklärt bekommen hat, dass wir nicht mit einem Verrückten nochmal 19 Stunden im Auto sitzen wollen und den Bus bevorzugen. Nach einer weiteren Stunde, in der ich mich sehr anstrengen musste, nicht komplett auszuticken, haben wir dem Fahrer 200 Rupien in die Hand gedrückt, damit er sich was zu essen kaufen kann. Und dann müsste ich dieses Gesicht zum Glück nie wieder sehen. Jetzt konnte es losgehen. Dann hat unser lieber Mr.Desert seine geldgeile Seite mal kurz gezeigt, indem er gemeint hat, wir müssten 200 Rupien mehr als vereinbart zahlten, weil Merle kurzfristig nicht mitkonnte, weil sie eine Entzündung am Fuss hatte und er eigentlich die Safari für vier Personen geplant hatte. Aber nach dieser Höllenfahrt war uns das so was von egal, wir wollten einfach nur auf einem Kamel sitzen. Gesagt, getan...Erstmal sind wir mit unserem Führer (hab leider seinen Namen vergessen) ca. 20 Minute mit dem Jeep zu unseren Kamelen gefahren. Unser Führer war leider nicht Mr.Desert; der hat zwar die Zügel in der Hand, wenns um die Organisation geht, aber Touristen durch die Wüste führen, dafür ist er dann doch zu alt.
Nachdem wir es dann geschafft haben, auf das Kamel zu steigen und dann sogar das Aufstehen des Kamels ohne Schaden überstanden haben, könnte es losgehen. Ich hatte am Anfang ja gedacht, dass jedes Kamel miteinander verbunden ist und das vorderste Kamel den Weg weiß. Aber wir könnten alle total unabhängig reiten. Naja und auch wenn die Kamele gut trainiert waren und ganz gut den Weg wussten, kam es dann schon mal vor, dass ein Kamel ein total anderen Weg als die anderen gelaufen ist, zum Beispiel weil irgendwo ein grüner Leckerbissen blühte. Wir hatten aber zum Glück unseren Kameltreiber dabei, der unsere Kamele immer wieder auf die richtige Bahn gebracht hat. Leider hatten wir nicht das beste Wetter erwischt, und so war die ganze Safari eine ziemliche windige Angelegenheit. Unser namenloser Führer hatte mir zum Glück bevor es losging, einen Turban um Kopf und Gesicht umgebunden. Aber der Wind hatte mir trotzdem ständig den Sand ins Gesicht gepfeffert. Nachdem wir den Sonnenuntergang auf dem Rücken eines Kameles bewundern durften, sind wir mit 6 Kilo Sand im Gesicht und Haar an unserem Schlafplatz angekommen, bei dem Mr.X AKA namenloser Führer schon auf uns wartete. Unser Kameltreiber machte dort ein leckeres Essen am Lagerfeuer, das leider schnell ganz sandig geschmeckt hat. Dazu gab es leckeren Chai...Dann setzten wir uns auf ein Campingbett, haben die Sterne unter den Wolken gesucht, haben die Wüstenhunde versucht zu vertreiben, die das Essen gerochen hatten, haben versucht uns die Mistkäfer vom Leib zu halten, die an unserer nackten Zehen geknabbert haben und haben uns mit Mr.X über Indien und über die Schönheit und Perfektion Rajasthans unterhalten. Seiner Meinung nach, natürlich der bester Staat in ganz Indien. Da kann sogar Kerala und Goa abstinken....Rajasthan mit seiner Wüste und den farbenfrohen Turbanen, dem köstlichen Essen, den Kamelen und naja einfach „better than any other state“:-)
Nach unserer fast schlaflosen letzten Nacht, sind wir dann doch auch in der Wüste schnell müde geworden. Somit hat dann unser Führer für uns die Betten aufgeschlagen. Und unser Kameltreiber hat die Kamele in einen nahen Stall gebracht. So haben wir dann die Nacht unter freiem Himmel mitten in der Wüste eingemummelt in unsere Schlafsäcke verbracht. Zum Glück waren wir hinter einer Sanddünne besser geschützt vor dem Wind und so hatte wir eine wirklich erholsame Nacht mit dem Jaulen der Hunde in den Ohren. Eigentlich hatten wir vor, für den Sonnenaufgang früher aufzuwachen. Leider hatte uns unsere Müdigkeit aber ein Strich durch die Rechnung gemacht. Um kurz nach 7 stand die Sonne schon ziemlich weit oben am Himmel. Nach einer Katzenwäsche in der Wüste gab es ein herrliches Frühstück mit Toast, Butter, Marmelade, Eiern, frischer Mango und leckerem Chai...Dann ging es nochmal auf unsere Kamele. Wir rieten nochmal ca. 2 Stunden zu einem Dorf, bei dem dann die Kamele wieder durch den Jeep ausgetauscht wurden. Dort haben wir Frauen beim Wasserholen an einem Brunnen zugeschaut...Dann ging es weiter zu den Ruinen von mehreren älteren Häusern und Palästen, die von Fledermäusen belagert waren. Nach diesem Stückchen Sight Seeing ging es dann wieder zurück mit dem Jeep nach Jaisalmer. Dort könnten wir in einem netten Hotel erstmal umsonst eine wohlverdiente Dusche nehmen. War garnicht so einfach den ganzen Sand aus den Haaren zu kriegen. Danach haben wir mit Mr.Desert nochmal einen Chai getrunken und uns über seine Berühmtheit und Jaisalmer unterhalten. Er ist einer wenigen Reiseveranstalter, der die Plastikflaschen und den anderen Müll nicht einfach in der Wüste liegen lässt, sondern alles mitnimmt und dann in Jaisalmer wegschmeißt. Dafür zahlt man dann auch gernmal 200 Rupien mehr...Dann hat uns Mr.Desert angeboten, ein Bild mit ihm zu machen. Das Angebot könnten wir natürlich nicht abschlagen. Jeder von uns dürfte einmal einen Turban aufsetzten (das sah sehr komisch aus, weil einmal mein Kopf zu groß für den Turban war und Frauen ja fast nie Turbane tragen). Mr. Desert hat seinen Turban dann auch aufgesetzt, sein Bindi erneuert und sein Schnurrbart mit Wachs gezwirbelt. Dann konnte es losgehen mit dem Fotoshooting. Anschließend haben wir uns noch das Jaisalmer Fort angeschaut, in dem sogar ein Teil der Bevölkerung von Jaisalmer lebt. Natürlich kamen wir nicht daran vorbei, ein paar Sachen zu kaufen. Natürlich haben wir uns mal wieder mit ein paar Verkäufer gestritten, die gemeint hatten dass 1500 Rupien für ein Tuch ein total normaler Preis ist, und dass er für uns ein besonders guten Preis macht weil wir „first customer“ sind oder manchmal gibt es einen besonders guten Preis weil wir „last customer“sind. Dann ist es natürlich „best quality“ und „best price“....Zum Abschluss gab es dann noch ein unglaublich leckeres Essen in einem Restaurant, dass wir ca. nach einer halben Stunde Sucherei gefunden hatten, weil ca. jedes zweite Restaurant geschlossen hat, weil ja die Nebensaison ist. Um 17 Uhr am Sonntag abend sind wir dann mit vollen Bäuchen und glücklichen Gesichtern mit dem Bus 13 Stunden wieder nach Baroda gefahren. Es war eine herrliche Fahrt, auf der man trotz der Schlaglöcher, die so groß sind, dass ne ganze indische Familie mit Gepäck Platz hätte, schlafen könnte. Es war egal dass der Fahrer kein Englisch sprechen konnte und der Bus war wirklich nach 11 Stunden um Punkt 4 Uhr morgens in Ahmnabad, wo wir dann unseren Bus nach Baroda suchen mussten. Das war dann wiederum nicht so einfach, weil auf die Frage „Ist das der Bus nach Baroda?“ immer mit einem komischen Kopfschütteln geantwortet wird. Das Kopfschütteln sieht aus wie bei einem Wackeldackel und bedeutet weder ja noch nein, eher vielleicht. Aber die Inder wollen ja nit unfreundlich sein und würden niemals sagen, dass sie die Antwort auf eine Frage nicht wissen. Deswegen wird immer der Kopf komisch bewegt. Wir haben dann doch noch den Expressbus nach Baroda gefunden und so waren wir dann um 6 uhr morgens wieder züruck in Baroda. Es war wirklich ein Wochenende, das grauenhaft angefangen hat. Aber das Schaukeln auf dem Rücken eines Kamels, das herzliche Lachen von Mr.Desert und der wohltuende Chai hat alle Anstrengungen wett gemacht.

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